Ein schwarzer Kreis

In: Euromaidan: Was in der Ukraine auf dem Spiel steht (von Juri Andruchowytsch)

Kateryna Mishchenko

Suhrkamp

2014

978-3-518-06072-8

euromaidan

Auszug

"Die Pseudoaktivisten sahen genau so aus, wie sie wohl in den homophoben Vorstellungen der Organisatoren dieser Aktion aussehen müssen: Grell gekleidete Hedonisten, die es kaum erwarten können, ihre Fahne zu schwenken und, wie es in der Propaganda so schön heißt, ‘das unschuldige kindliche Symbol des Regenbogens zu verunglimpfen'."

»Ich gehe auf den Maidan. Wer kommt mit?«, schrieb der ukrainische Journalist Mustafa Najem im November 2013 auf Facebook. Aus einer lokalen Demonstration gegen die autokratische Entscheidung des Präsidenten Viktor Janukowytsch, das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen, wurde eine landesweite Protestbewegung: der Euromaidan. Mehr als hundert Menschen wurden getötet, als der friedliche Protest in Gewalt umkippte.

Ein halbes Jahr später ist in der Ukraine nichts mehr, wie es war. Nach dem Sturz des korrupten Regimes nutzt der russische Präsident Vladimir Putin die Fragilität der Übergangsregierung aus und lässt seine Armee ins Nachbarland einmarschieren. Während eine reife ukrainische Zivilgesellschaft die Bildung neuer staatlicher Strukturen bewacht, schwört der Kreml die Bürger auf einen nationalistischen imperialen Kurs ein.

»Euromaidan« steht für die Hoffnung auf Erneuerung der ukrainischen Gesellschaft. Für eine nachgeholte Revolution. Für den Alptraum eines neuen Ost-West-Konflikts. Wird es sie geben: eine freie, selbstbestimmte Ukraine an der Seite Russland und Europas? Schriftsteller, viele von ihnen Aktivisten, erzählen von den aufwühlendsten Tagen ihres Lebens. Historiker, Soziologen und Politikwissenschaftler versuchen sich an einer Anatomie des Augenblicks.

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