Film als Archiv. Archiv, Film und Erinnerung im neueren israelischen Kino
In: Laute, Bilder, Texte. Register des Archivs
V&R unipress
2015
9783847102366

"Ein Mann geht über staubige Landstraßen und steinige Berghänge. Die Kamera filmt ihn von hinten. Er kommt an eine Grenze. Ein Schild weist den Weg nach Palästina. Ein Schlagbaum öffnet sich. Nun schwenkt die Kamera langsam von den Füßen des Mannes über seine abgenutzte Kleidung. Erstmals wird das Ge- sicht des (Ein-) Wanderers sichtbar. Freudig lächelt er in die Kamera, bevor diese
in der nächsten Einstellung über eine felsige Wüstenlandschaft schwenkt. Die Szene stammt aus der Anfangssequenz des Films Avodah (Palästina 1934- 1935, Helmar Lerski), der zu einer Reihe von Produktionen über den Aufbau eines jüdischen Staates im britischen Mandatsgebiet Palästina gehört, die in den 1930er Jahren im Auftrag der jüdischen Nationalfonds Keren Hayesod und Keren Kayemet entstanden.' Als Werbung für das zionistische Aufbauprojekt gedreht, stellt Avodah retrospektiv eines der frühsten Filmdokumente über die zionisti- sche Besiedlung des vorstaatlichen Palästinas dar? (...)"
Laute, Bilder und Texte bezeichnen unterschiedliche Materialien und mediale Formate, die in Archiven gelagert und von Interessierten genutzt und ausgewertet werden. Die Beiträgerinnen und Beiträger dieses Bandes sondieren anhand alltagshistorischer Studien die Praktiken der Akteure im Umgang mit diesen Spuren und Überresten und decken dabei ein breites Medienspektrum ab: Tonaufnahmen, Manuskripte, Fotografien, Filme, Videos sowie all die vergessenen Dinge, die in den Mappen und Kartons der Archive gelagert sind. Dabei geraten auch die Unterschiede zwischen kolonialen und indigenen Archiven sowie die monopolistische Stellung der westlich geprägten Wissenschaften in den Blick.