Frieden
in Anführungszeichen
Saturday, 15. October 2022, 12:30 – 18:30 Uhr
Thementag in der Kunsthalle Osnabrück
Thementag am 15. Oktober 2022, 12.30 - 18.30 Uhr in der Kunsthalle Osnabrück
Ferda Berse, Sozialwissenschaftlerin und Gewerkschaftssekretärin, Hannover
Dr. Iryna Solonenko, Ukraine Programmdirektorin beim Zentrum Liberale Moderne (LibMOd)
Anna Staroselski, Vizepräsidentin Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. (DIG), Berlin
Vasyl Cherepanyn, Leiter desVisual Culture Research Center (VCRC), Kiew
Dr. Simon Teune, Institut für Protest- und Bewegungsforschung, Berlin
In seiner LTI - Sprache des dritten Reiches schrieb Victor Klemperer, dass die Nationalsozialisten für ihre Sprache keine neuen Wörter erfanden, sondern ihren Sinn verdrehten. Ein Beispiel dafür war die Verwendung der Anführungszeichen. Er schreibt: “Chamberlain und Churchill und Roosevelt sind immer nur „Staatsmänner“ in ironischen Anführungszeichen, Einstein ist ein „Forscher“, Rathenau ein „Deutscher“ und Heine ein „deutscher Dichter.“”
Gerade erleben wir wie Russland unter Wladimir Putin mit den selben sprachlichen Mitteln einen Angriffskrieg auf die Ukraine zu einer Entnazifizierung verklärt. Putins Außenminister Sergei Lawrow erklärt derweil der Welt das die Ukraine gar kein richtiges Land sei, sie habe daher keine Existenzberechtigung. Zudem seien Russen Opfer eines Genozides und der jüdische Präsident Wolodymyr Selensky könne selbstverständlich ein Nazi sein, schliesslich hatte Adolf Hitler ebenfalls jüdisches Blut.
Der Thementag fragt, in welchem Maß und unter welchen Bedingungen können diese Lügen auf fruchtbaren Boden fallen? Wie muss eine Gesellschaft politisch und kulturell konstituiert sein, um diesen Verdrehungen zu verfallen? Welche Erkenntnisse ergeben sich daraus für die demokratischen Gesellschaften, sowohl im Hinblick auf eine aktuelle Politik, als auch in Bezug auf den Umgang mit der eigenen Geschichte?
In Deutschland erleben wir auch eine Debatte, die die Verteidigung und Waffenlieferungen für die Ukraine als Eskalation problematisiert. Hier werden direkt und indirekt Teile der russischen Propaganda übernommen. Dabei zeigen sich Allianzen zwischen Menschen, die sich politisch spinnefeind sein dürften.
Um diese Gemengelage genauer zu verstehen, soll der Thementag „Frieden in Anführungszeichen“, die politische, kulturelle und historische Instrumentalisierung des Rufs nach Friedens genauer beleuchten. Auch in anderen historischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen findet sich diese Instrumentalisierung immer wieder. Die eingeladenen Expert*innen blicken auf unterschiedliche lokale und historische Kontexte, in denen der Ruf nach Frieden den Vorwand für sein Gegenteil, nämlich der Legitimierung von Krieg, Gewalt und Diskriminierung begünstigt und fordert. An welchen Stellen finden sich antimoderne, antisemitische, rassistische und geschichtsrevisionistische Einstellungen wieder – und warum?
Die Veranstaltung ist gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und findet im Rahmen der Ausstellung Walhalla to Birkenau statt:https://kunsthalle.osnabrueck.de/de/programm/walhalla-to-birkenau
ABLAUF
12:30 Begrüßung Direktion Kunsthalle und Forum-DCCA
13:00 Videoinput Vasyl Cherepanyn, Visual Culture Research Center (VCRC), Kiew
13:30 Gespräch mit Dr. Iryna Solonenko, LibMod
14:30 Themenbezogene Führung durch die Ausstellungen in der Kunsthalle, sowie Snacks und Getränke.
15:15 Gespräch mit Ferda Berse, Sozialwissenschaftlerin, Hannover
16:15 Videoinput Simon Teune, Institut für Protest- und Bewegungsforschung, Berlin
16:30 Gespräch mit Anna Staroselski, DIG
ab 17:30 Verabschiedung, Austausch
18:30 Ende